Die schönste Frau der Welt versteckte sich in der Damentoilette eines billigen Hotels in Santa Ana, einem Bezirk der Riesenstadt Los Angeles. Es gab einen solchen Menschenauflauf, daß die Polizei mit zwei Patrouillenwagen erscheinen mußte, um Keilereien zu verhindern.
Was war geschehen?
Greta Garbo, gerade 22 Jahre alt, war mit ihrem 30jährigen Filmpartner und Liebhaber John Gilbert inkognito nach Santa Ana gefahren, um vor einem Friedensrichter heimlich zu heiraten – im Herbst 1927.
Von WILL TREMPER
„Und dann“, schimpfte der feurige Gilbert, „ist sie mir einfach entwischt und versteckt sich auf diesem Lokus!“
Seit MGM die beiden in „The Flesh and the Devil“ zusammengespannt hatte, waren sie das begehrteste Liebespaar Hollywoods geworden.
„Der schwarzhaarige John Gilbert bekam zehntausend Dollar Wochengage und war zeitweise populärer als Rudolph Valentino“, schreibt eine der alten Klatschtanten in ihren Erinnerungen.
„Ich habe meine Flicka (schwedisch: Mädchen) vor dem totalen Stumpfsinn geretet“, sagte John Gilbert später selbst. „Sie war so vernarrt in diesen unmöglichen Maurice Stiller, der sie nach Hollywood gebracht hatte, daß sie drauf und daran war, ihm zu folgen – aber dann kam ich!“
Ein Filmkuß, der Geschichte machte: Greta Garbo und
John Gilbert in ihrem ersten gemeinsamen Film „Fleisch
und der Teufel“. „Es war die erste horizontale Liebesszene
Hollywoods“, verkündete stolz Regisseur Brown.
Es gab Gerüchte damals, während der Dreharbeiten zu „Fleisch und der Teufel“, daß die junge Garbo einer Einladung Gilberts in sein Prachthaus in Beverly Hills gefolgt war und ihn selbst verführt hatte.
„Wir haben die tollsten Liebesszenen gedreht“, erzählte William Daniels, der fast alle Garbo-Filme als Kameramann betreute. „Ich habe ihr ins Ohr geflüstert: Du mußt ihn verführen, Greta! Greif ihm einfach an die Hose! Vergiß den schwulen Stiller!“
Auch der Regisseur Clarence Brown sagte, er habe Greta „ermunter“, nach Drehschluß mit John Gilbert nach Hause zu fahren. „Ach, wie glänzten ihre Augen, als sie am nächsten Morgen im Studio erschienen!“
John Gilbert, mit 29 Jahren bereits zweimal geschieden, hätte natürlich nie zugeben können, daß seine Partnerin die Initiative ergriff. Er sonnte sich in der Publicity, die sie als das Liebespaar bekamen.
Es verging ein ganzes Jahr, bis es Gilbert gelang, das „Ja“-Wort für seine dritte Hochzeit von Greta Garbo zu erhalten. Er kaufte eine Luxusyacht, schmückte sie mit Blumen, versteckte überall Juwelen – die Presseabteilung von MGM berichtete über jedes Detail, nur über das letzte nicht.
Greta Garbo besuchte das Schiff – und verschwand fluchtartig. John Gilbert mußte die Hochzeit absagen – für einen professionellen Liebhaber eine Katastrophe.
Nach 7 Monaten war der Boß weichgekocht
Und nun stand er vor einer schmutzigen Damen-Toilette in Santa Ana und flehte: "Du kannst doch nicht schon wieder absagen, Dschi-Dschi!" (Dschi ist im Englischen das gesprochene G, wie Garbo und Greta). "Noch eine Absage überlebe ich nicht!"
Aber GG blieb hart, wie die ganze Welt weiß. "Sie hat mir vorgeworfen", verkündete John Gilbert, "ich liebe sie nur als Filmstar. Sie aber wollte aufhören mit der Schauspielerei, ein Stück Land im romantischen Wyoming kaufen, Weizen anpflanzen und Kinder kriegen!". Unter dem Jubel aller Garbo-Fans setzte er hinzu: "Natürlich liebe ich nur den Filmstar!"
Greta Garbo hatte in eben dieser Zeit, in der sie mit Gilbert den ersten "Anna Karenina"-Film und "Die Göttliche" drehte, auch noch Probleme mit MGM-Boß Louis B. Mayer. Denn sie bekam wöchentlich immer noch nicht mehr als 500 Dollar, während ihr Partner Gilbert, wie gesagt, zehntausend kassierte - und MGM mit jedem Garbo-Film Millionen machte.
"Ich wollte mindestens fünftausend haben", sagte die Garbo, "und als ich sie nicht bekam, trat ich sieben Monate in den Streik - dann war Louis B. Mayer weichgekocht."
Bei BB hieß GG "Geld und Geschlecht"
Bert Brecht, der die Schwedin in den dreißiger Jahren im Haus ihrer gemeinsamen Freundin Salka Viertel kennenlernte, bezeichnete GG als "Geld und Geschlecht".
Salka Viertel, die schon in den frühen zwanziger Jahren mit ihrem Mann, dem berühmten Theaterregisseur Berthold Viertel, nach Los Angeles gegangen war, empfing jeden Sonntag die Creme der deutschen Emigranten in ihrem Haus in der Marbary Road, einer Seitenstraße des bekannten Sunset Boulevard, nahe dem Pazific.
"Thomas und Heinrich Mann waren dabei, Bert Brecht, Arnold Schönberg, der Zwölftöner - und Greta Garbo. Wenn die Schwedin, wie sie es gewohnt war, nackt in meinen Pool sprang, pflegte Bert Brecht zu Thomas Mann zu sagen: Wo schielen Sie hin Herr Doktor? Gibt's da was zu sehen?
Morgen lesen Sie:
Greta trägt keine Unterwäsche und bezeichnet sich als "überzeugte Anti-Kommunistin" Die großen
Filme der dreißiger Jahre und die Begegnung mit ihrer dritten großen Liebe George Schlee.
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