Glanz und Geheimnis der Das Ende einer großen Liebe in Hollywood
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D a s H o l l y w o o d - A n t l i t z d e r G a r b o : Der Typ „Greta Garbo“, der zum Schönheitsideal einer Epoche wurde, ist nicht zuletzt das Verdienst Holly-woods. Ehe sie die erste Rolle erhielt, machte man monatelang Schminkexperimente und Probeauf-nahmen, um dieses eigenwillige Antlitz bis in den letzten Winkel auszuleuchten, und mit der Kamera zu „erobern“. Immer wieder wurde damals die Frage laut: „Wozu so viele Aufnahmen von dieser Schwedin, aus der doch nichts wird?“ Aufnahme MGM |
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Am 15. Juli 1925 kommen Greta Garbo und Mauritz Stiller mit dem Expresszug von New York in Hollywood an. An der noch recht dörflich wirkenden Station stehen die Reporter. Sie sind nicht eben sehr aufgeregt, denn längst sind sie es gewöhnt, daß diese Züge Berühmtheiten – und solche, die es werden wollen – sozusagen mit überlegenem Gleichmut auf den Bahnsteig werfen. Es ist übrigens nicht Greta Garbos wegen, daß sie sich herbemühten, sondern um Stillers willen, dessen Name in Hollywood bereits einigen Klang hat. Die Ankunft der beiden, die ein wichtiges Datum in der Filmgeschichte ist, gestaltet sich nicht eben sehr glücklich. |
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Ein Gesicht wird „gemacht“ |
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Es zeugt immerhin für Gretas starke innere Widerstandskraft, daß sie in solch unerfreulichem Klima zu arbeiten versteht. Natürlich ist es auch nicht etwa so, daß der Hollywood-Luxus sie aus-schließlich abstößt. Durchaus nicht: Sehr bald läßt sie die Idee von der „ordentlichen Familie“ fallen und mietet ein hübsches Haus in der Villenkolonie Santa Monica. Auch einen Wagen schafft sie sich an und hat bald auch ihre erste Strafe wegen Schnellfahrens weg. Wie die anderen stiehlt sie gerne Obst, wenn sie an den üppigen Gärten vorbeifährt, gleich ihnen findet sie Geschmack an den parfümierten amerikanischen Zigaretten, die mit dem Seemannstabak, wie ihr Vater ihn liebte, nichts gemein haben. Vor allem aber arbeitet sie. Da ist vorläufig von einer Rolle noch keine Rede: Es gibt nichts als erschöpfende Probeaufnahmen, bei denen der Kameramann Arnold Genther verzweifelt versucht, ihr eigentlich großflächiges und eine Nuance zu hartes Antlitz hollywoodgerecht zu machen. Mindestens zehnmal versucht der Maskenbildner eine Brauen-Linie, die photogen ist. Ihre Nase bildet die Verzweiflung aller Ateliergewaltigen, die sich eine „schöne“ Nase eben nur knopfartig vorstellen können. Nur ihre einzigartigen Wimpern, durch die man erst angeregt wird, die Mode künstlicher Wimpern zu kreieren, finden Beifall. Langsam „erobert“ man ihr Antlitz, wie die Welt es kennen wird. Zur Ehre aller „Eroberer“ aber muß gesagt werden, daß sie mit dieser Arbeit einem neuen Schönheitstypus zum Durchbruch verhalfen und daß sie tatsächlich aus Gretas Gesicht die ganze ihm innewohnende Schönheit herausholten. Bald stellen die Sachverständigen fest, daß sie zu dick sei. Eine unerbittliche Diät wird vom Arzt der MGM verordnet, und in ein paar Monaten verliert sie nicht weniger als dreizehn Kilo. Die grausam rasche Abmagerungskur bewirkt eine nervöse Depression, die noch dadurch verschärft wird, daß in diesen Tagen im fernen Schweden ihre Schwester Alwa an einer geheimnisvollen Krankheit – man spricht von Brustkrebs – stirbt. Greta verfällt für kurze Zeit der düsteren Vorstellung, sie selbe könne von diesem Leiden befallen sein. Eine gewisse „Krebsangst“ wird sie übrigens auch später nicht mehr völlig loswerden. |
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Ein neues Schlagwort „Sex appeal“ |
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In den MGM-Studios von Culver-City, in denen damals schon 25 000 Menschen arbeiten, wird schließlich Greta Garbos erster großer Hollywood-Film gedreht, trotz aller Atelier-Gerüchte, nach denen man in den Verwaltungsbüros schon den Preis für ihre Rückfahrkarte errechnet habe. Wann immer nämlich Unterdirektoren, Kameraleute oder Propagandachefs ihrem Chef Louis B. Mayer von der „Unbrauchbarkeit der Schwedin“ gestenreich erzählten, ist dessen Antwort: „Die wird das Rennen machen...“ Ihr Regisseur ist Monta Bell, ein nervöser, ideensprudelnder einstiger Journalist. Als Partner bekommt sie Ricardo Cortez, einen dunklen, aufgeregten und höchst selbstgefälligen Südamerikaner indianischer Abstammung, der sich gelegentlich spöttisch über die „Walküre“ äußert. In diesen ersten wirklichen Arbeitstagen zeigt sich bereits deutlich ihre sanfte Hartnäckigkeit, die letzten Endes immer über beschwörende Regie-Tobsucht den Sieg davon trägt. Sie hat keine „Starlaunen“. Sie diskutiert nicht, erklärt niemals schrill, daß sie es besser verstehe. Wenn aber der Regisseur ihr bei bestimmten Szenen absolut seine Auffassung aufdrängen will, dann sagt sie in ihrem lächerlichen Englisch, ebenso leise wie bestimmt: „I think I'll go home“ (ich glaube, ich werde nach Hause gehen). Worauf man sie natürlich nicht nach hause gehen, sondern einfach ihrem Willen entsprechend gewähren läßt. Der neue Film „The Torrent“ (Der Wildbach) kommt heraus und wird ein starker Erfolg. Amerikanische Kritiker und Kinobesucher sehen zum ersten Male eine Frau, die nicht hüpft oder tänzelt, sondern schreitet, die Augen nicht rollt, sondern still gleiten läßt, nicht gestikuliert, sondern langsam, fast gemessen sich bewegt. All das, was für uns Heutige den frühen Film so grotesk macht – das Unnatürlich-rapide, Hanswursthafte, das vielleicht nicht so sehr an technischer Unzulänglichkeit als an dem albern „schelmischen“ Spiel der Frauen lag – verschwindet durch sie. Zum ersten Mal auch stellt man bei männlichen Kinobesuchern eine eigentümlich begehrliche Zärtlichkeit zur Darstellerin fest. Man nennt die neue Anziehungskraft „sex-appeal“. Man versuchte in diesem und auch in den folgenden Filmen Greta Garbo als Vamp abzustempeln, wohl aus der Überlegung heraus, daß durch solche Rollen ihre geheimnisvolle Anziehungskraft besonders wirksam würde. Sie selbst hat sich diesem Bestreben gegenüber energisch zur Wehr gesetzt und sich in dem zweiten Vertrag, den man mit ihr abschloß, einen entscheidenden Einfluß auf die Wahl der Rollen und Partner zugesichert. Was für Frauengestalten sind es, die sie spielen möchte? Sie selbst hat die Antwort darauf gegeben: „Ich liebe es nicht, Frauen darzustellen, die immer schlecht sind und ebenso wenig solche, die immer gut sind. Ich stelle gern Personen dar, die ein wenig von allem haben“. Sie möchte also Frauen verkörpern, in denen Gutes und Schlechtes miteinander im Kampf liegt, Frauen in ihren inneren Gegensätzen, Frauen die nicht in der Gewißheit, sondern im Zweifel leben und die darum immer ein wenig traurig sind. Die die Freude am Genuß nicht kennen, sondern über ihre Leidenschaften trauern und an ihrer Verderbtheit leiden. In solchen Rollen wird später die große Kunst der Garbo offenbar. |
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Stille um Stiller |
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Was begibt sich in all dieser Zeit mit Mauritz Stiller? Was mit ihrer Liebe? * Eines Abends stattet er ihr einen improvisierten Besuch ab. Sie ist ausgegangen, in einem nilgrünen Abendkleid, mit neuer, strenger Frisur und nackten Schultern. Sie wirkt älter, weiblicher. Er besieht sie lange. „Ich glaube, ich störe dich“, bringt er hervor. „Ah, es ist nichts“, sagt sie. „Ich habe eine Verabredung mit John Gilbert, der mit mir zusammenarbeiten will. Aber ich sage einfach ab, selbstverständlich.“ Stiller schweigt lange, dann sagt er: „Nein, du sollst nicht absagen. Es scheint mir sehr wichtig, daß du mit Gilbert arbeitest, er ist ausgezeichnet. Eigentlich habe ich ohnehin keine Zeit. Es freut mich, daß du dich amüsierst. Leb wohl ...“ (Fortsetzung folgt) |
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Part II
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from: Frankfurter Illustrierte 16. November 1952 * Nr. 46
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