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Die Wandlung der Garbo
Stummfilm oder Tonfilm: Greta Garbo blieb 25 Jahre Weltstar Nr. 1

 

Dieses Bild zeigt Mrs. J. Clark. Dem geneigten HEUTE-Leser auch als Greta Garbo, Filmschauspielerin, unverheiratet, bekannt. Unter dem ersteren Namen stieg die „Göttliche“ in einem Pariser Hotel ab, um mit dem Regisseur Max Ophuels („Der Reigen“) über eine neue Filmrolle zu verhandeln. Sie ließ – ganz inoffiziell natürlich – verlauten, daß sie nach London weiterfahren wird, falls sie in Paris kein zufriedenstellendes Angebot bekommt. Vielleicht sind die dortigen Filmgrößen großzügiger.




März 1929:
„Die Frisur der Saison
(die Filmschauspielerin Greta Garbo)“,
schrieb man damals zu diesem Bild.

„Geniale Darstellerin
mondänen
Frauentums“ war nur eines der vielen
Attribute, die man der Garbo um 1931 gab.

Mata Hari
, die Lebensgeschichte der
bekannten Spionin, war eine der vielen
Aufgaben, die sie überzeugend löste.

Die klassische Geliebte
und große
Frau war Greta Garbo in Filmen wie
„Anna Karenina“ und „Kameliendame“.
   

Privataufnahme aus dem Jahre 1930: Schminke und
Aufmachung sind ihr schon damals außerhalb des
Filmateliers ein Greuel. Nur wenige Menschen bekommen
sie in privatem Kreis zu Gesicht.

„Publicity“-Aufnahme aus dem Jahre 1932: Maskenbildner
und Friseur können an diesem Gesicht kaum etwas ändern.
Seine klassischen Züge haben alle Geschmacksrichtungen
überdauert.

 

JAMES LONDON (II):

Die Wandlung der Garbo
Tiefe heisere Stimme und ein
ferner schwedischer Akzent

Das war vor 26 Jahren. Im Sommer 25. Da leuchtet vor dem Versuchsstudio eines der einfallreichsten Filmphotographen der Metro Goldwyn, Arnold Ganther, seit Wochen das rote Warnschild: „AUFNAHME NICHT STÖREN!“ Die Eingeweihten munkelten: es ist eine junge Schwedin. Entdeckung von Louis B. Mayer. Also wieder mal was Außergewöhnliches. Dieses Vorschussprädikat hat man in den letzten fünf Jahren schon oft vernommen und nach den zahllosen Enttäuschungen jeden Glauben verloren. Filmdiven liegen nicht auf den Bürgersteigen. Dieses Mal aber ist etwas ganz Außergewöhnliches, noch nie Dagewesenes. Wirklich.
     Ganther müht sich mit Greta ab. Ganther sitzt neben dem Friseur, wenn sie geschminkt, gekämmt, immer wieder umfrisiert wird. Ganther steht und schleicht, kniet, kriecht, klettert und knetet um sie herum. Ganther biegt sich, beugt sich und krümmt sich. Ganther knallt ihr Oberlicht ins Gesicht oder Unterlicht oder Seitenlicht. Oder nur zweierlei oder alles Licht. Ganther probiert alle erdenklichen Linsen, Entfernungen, Tricks aus. Stumm läßt sich's Greta Garbo gefallen. Sie spricht gebrochenes Englisch, und deshalb redet sie lieber gar nichts. Nur gelegentlich fleht sie: „No Vamp... kein Vamp... no...!“ Und Ganther schüttelt geduldig den Kopf und verspricht ihr: „No Vamp... no... no!“ Und schon im ersten Film muß sie einen Vamp darstellen. „The Torrent“ heißt er, in der deutschen Fassung „Der Wildbach“. Louis B. Mayer betrachtet sich die ersten Schüsse.
     „Fräulein G, ich will mit Ihnen einen fünfjährigen Vertrag abschließen“, sagt er statt der eigentlich jetzt von jedermann erwarteten Kritik.
     „Ich... nicht verstehen... Englisch. Außerdem... müde, andermal...“
     Louis B. Mayer bleibt verdutzt zurück. Doch er läßt nicht nach. Der Vertrag muß unterschrieben sein, bevor der Erfolg die Gage verdoppeln wird. Sie durchschaut ihn und weicht stets aus: „... nicht verstehn Englisch... müde... Gute Nacht, Mister Mayer.“
     Greta Garbo fühlt sich todunglücklich. Sie hat Heimweh. Sie will wieder zurück. Metro Goldwyn schlägt einen zweiten Film vor: „Totentanz“ (The Temptress). Ist doch wieder ein Vamp? Nein! Man bewilligt ihr Mauritz Stiller als Regisseur. Da sagt sie zu. Schon nach den ersten Szenen verkracht er sich und wirft alles hin. Auch Greta möchte nicht mehr. Ihr Leben ist freudlos. Wieder beschwatzt man sie. Fred Niblo führt den Film zu Ende. Aber jetzt ist Schluß. Da tritt John Gilbert in ihr Leben. Ein schöner schlanker Filmheld und obendrein ein charmanter Freund und kluger Berater. „Greta“, sagt er, „spiel einen Film mit mir, spare dein Geld, und wenn du genug hast, reise heim und leb, wie du es dir erträumst.“ So mimt Greta nochmals den so verhassten Vamp in „Flesh and the Devil“ („Es war“).
     Als die letzte Szene gedreht ist, eilt sie in ihr Landhäuschen und ist für niemand mehr zu sprechen. Kein Besucher, keine Post und kein Telephon. Ihr Partner klärt Metro Goldwyn auf: Greta streikt. Sie ist bereit, einen vertrag zu schließen. Aber nie mehr Vamp-Rollen; dafür Mitbestimmungsrecht über die Sujets. Es ist ein heißer Kampf. Die Filmfirma will nicht nachgeben. Was würde den geschehen, wenn alle Schauspieler bei der Auswahl der Stoffe mitreden! Schließlich sagt Louis B. Mayer: Ja! Greta Garbo, die Siegerin, spielt Anna Karenina. Mit ihrem Freund John Gilbert als Partner. In diesen Tagen verläßt ihr Entdecker, Mauritz Stiller, das Land und kehrt als kranker, verzweifelter Mann heim nach Schweden. Bald schreiben ihr Freunde aus Stockholm: „Er siecht dahin. Ist nicht wiederzuerkennen. Er spricht nur von Dir, Greta.“ Telegramm: „Komm! Er liegt im Sterben.“ Als sie Weihnachten 1928 in Stockholm eintrifft, ist ihr erster begeisterter Verehrer beigesetzt.
     Die Kunde von ihrer Anwesenheit in Schweden alarmiert alle Freunde ihrer Kunst. Jeder und jede will die weltberühmt gewordene Landsmännin sehen, will ihr die Hand drücken und mit ihr ein paar schwedische Worte wechseln. Greta Garbo muß sich verkleiden, muß verschwinden... in irgendeine Einöde. Mit Baskenmütze, dunklem Sweater und mit einer riesigen Sonnebrille. Im Frühjahr 1929 reist sie nach Hollywood zurück. Die Metro hat ihr ein Programm mit sechs Filmen vorbereitet. Sofort geht sie an die Arbeit. Meist ist John Gilbert ihr Partner.

Die Göttliche lernt Englisch
     Da erschüttert eine Krise die Filmwelt: der bisher stumme Film beginnt zu reden. Alle beschäftigt die aufregende Frage: Wer von den bisherigen Größen wird es mit der Stimme schaffen? Eines der ersten Opfer wird John Gilbert. Seine dünnen Fisteltöne reichen nicht aus. Und was wird aus der Garbo? Ihr Englisch ist fehlerhaft. So setzt sie sich hin und lernt die Sprache. Mit ihrer Ausdauer schafft sie es in einigen Monaten. Inzwischen dreht man Probeaufnahmen. Ergebnis: wundervoll. Ihre Stimme paßt vollends zu ihrer Persönlichkeit. Sie erhöht sogar die Faszination ihrer Erscheinung. Diese tiefe heisere Stimme mit dem sehr, sehr fernen schwedischen Akzent. Unter Jacques Feyders Regie spielt sie den ersten Tonfilm „Anna Christie“. Der Erfolg ist noch größer als bisher. Filme auf Filme erscheinen. „Yvonne“, „Romanze“, „Mata Hari“, „Menschen im Hotel“, „Wie du mich wünschst“. Es ist eine unaufhörliche Kette von Welterfolgen. Überall liebt man sie. Überall übertrifft sie alles, was sich auf der Leinwand bewegt. Der Volksmund nennt sie „Die Göttliche“. Ist es da ein Wunder, wenn sie sich in ihrer natürlichen Menschenscheu und ihrer Sehnsucht nach Ruhe und Ausspannung vor dem Trubel, den Störungen und Belästigungen verbirgt?

Inkognito um die Welt...
     Plötzlich dringt eine seltsame Nachricht aus Hollywood: Greta Garbo will nicht mehr filmen. Die etwas kühle Aufnahme ihres letzten Films „Die Frau mit den zwei Gesichtern“ durch Presse und durch Publikum hat sie so niedergeschmettert, daß sie sich entschlossen hat, nie mehr aufzutreten. Man glaubt die Kunde nicht. Warum soll sie mitten in einem noch nie zuvor beobachteten Siegeszug wegen einer unwichtigen Schlappe ihre Karriere jäh beenden? Und dann stellt es sich heraus: es stimmt. Greta Garbo filmt nicht mehr.
     Zunächst bleibt sie in Hollywood. Schließt sich in ihrer Villa in Santa Monica ab. Nur ihre intimsten Freunde dürfen sie gelegentlich besuchen. Dann und wann taucht sie auf. Unterhält sich im kleinen Kreis. Möglichst nicht mit Filmfachleuten. Daheim liest sie. Eines Tages verkauft sie ihr Haus und zieht nach New York. Unter verschiedenen Namen und mit riesiger Sonnebrille und auffallendem Sombrero reist sie durch die Welt. Bald taucht wie im Hotel Hassler in Roma als Elsa Gustavson auf. Bald ist sie Mrs. Brown in Aix-les-Bains. fast immer befindet sie sich in Begleitung ihres Beraters George Schlee, des Gatten ihrer besten Freundin, der Modekünstlerin Valentina Schlee.
     Über ihr Privatleben schwirren allerlei Gerüchte. Einmal soll sie mit einem ihrer Regisseure, Rouben Mamoulian, verheiratet sein. Dann wird wieder als ihr Ehemann der Philharmonie-Dirigent Leopold Stokowski genannt. Man sieht sie mit ihm in den Bergen, auf dem Wasser und auf einsamen Landsitzen. Gleich darauf will man wissen, sie habe sich mit dem berühmten Hollywood-Diätarzt Gaylord Hauser verlobt, nach dessen Gemüsekurvorschriften sie jahrelang lebe und gedeihe. Aber schon nennt die Presse als ihren Gatten den schwedischen Schriftsteller und Millionär Wilhelm Sörensen, um kurze Zeit später zu verkünden, daß sie soeben mit Erich Maria Remarque den Weg zum Traualtar beschritten habe.
     Und nun lenkt, die 46jährige „Privatiere“ Greta Garbo erneut die Aufmerksamkeit der Welt auf sich: nach zehnjähriger Ruhepause habe sie den Plan gefaßt, wieder zu filmen. Im Nu überstürzen sich die Meldungen über ihre Absichten. Erst ist es ein Balzac-Film. dann wird es ein Sarah-Bernard-Schauspiel. Gleich wieder ist es ein Manuskript, das ihr der amerikanische Reporter John Gunther schreibt. Jetzt spricht man davon, daß sie das Leben des Dichters Homer verfilmen will. Eins steht fest: einen geeigneten Stoff hat sie noch immer nicht gefunden.
 
Stummfilm oder Tonfilm:
Greta Garbo blieb 25 Jahre Weltstar Nr. 1
 

1924 begann Greta Garbo in Schweden zu filmen. Über Deutschland („Die freudlose Gasse“) ging sie nach Hollywood. Einer ihrer ersten Filme war „Anna Karenina“ mit John Gilbert.

1927 entstand in Hollywood „Das göttliche Weib“. Frühere Filme trugen versprechende Titel: „Die Verführerin“ und „Totentanz“. Die „göttliche Garbo“ wurde zum Begriff.

1928 Der „Krieg im Dunkeln“ zeigt Greta mit der Pistole bei der Erledigung eines Agenten. Auch sonst ist alles sehr dunkel – nur die Harre der Garbo sind hellblond geworden.

1928 konnte man die Garbo auch als „Herrin der Liebe“ sehen, wie sie mit modischem Kapotthütchen Nils Asther tief in die Augen blickt. Sie steht in diesen Jahren fast pausenlos im Filmatelier.

1929 „Wilde Orchideen“ ist einer der letzten Stummfilme der Garbo mit Lewis Stone als Partner. Zum Abschluß der Stummfilmzeit kamen noch „Unsichtbare Fesseln“ und „Der Kuß“.

1931 beginnen die großen Tonfilmerfolge der Garbo. „Helgas Fall und Aufstieg“ gehört ebenso zu dieser Epoche wie „Romanze“. Das Bild zeigt eine Szene aus diesem Film mit Gavin Gordon.

1931 wurde auch „Eine Frau mit Ver-gangenheit“ gedreht. John Gilbert hatte schon in vielen Stummfilmen mit ihr gespielt. Für den Tonfilm war seine Fistelstimme wenig geeignet.

1932 wurde die Geschichte der berühmten Tänzerin und Spionin Mata Hari mit der Garbo in der Hauptrolle verfilmt. Wie schon oft seit 1926 spielte sie mit John Gilbert als Partner.

1933 Besonders großen Erfolg in Deutschland hatte Greta Garbo in der Verfilmung des Romans von Vicky Baum „Menschen im Hotel“. Als Partner gab man ihr in diesem Film John Barrymore.

1933 entstand auch der Film „Wie du mich wünschst“. Augenscheinlich wurde die Garbo platinblond gewünscht. Der Film gab ihr die Möglichkeit, ihre große Vielseitigkeit zu zeigen.

1934 ging der „Bunte Schleier“ ins Atelier. Greta Garbos Gegenspieler in diesem Film war George Brent, der auch heute noch einen guten Namen in der amerikanischen Filmmetropole hat.

1936 brachte – nach dem großen Erfolg der Tonfilmfassung von „Anna Karenina“ – eine weitere klassische Frauenrolle für Greta: „Die Kameliendame“. Ihr Partner: Bob Taylor.

1937 Greta Garbo als „Maria Walewska“, die große Liebe Napoleons (den Charles Boyer in diesem Film verkörperte). Der Film erreichte das deutsche Publikum erst viele Jahre später.

1939 zeigte sich die Garbo von einer neuen und überraschenden Seite in „Ninotschka“. Der Mann, der der linientreuen Parteigenossin die Augen öffnet: Melvyn Douglas. Ernst Lubitsch führte Regie.

1941 drehte die Garbo ihren bisher letzten Film, „Die Frau mit den zwei Gesichtern“. Keines der sich jährlich wiederholenden Gerüchte, sie werde wieder filmen, bewahrheitete sich.

 

 

   
  
Im nächsten Heft:
Greta Garbo – privat
  

 

from:   HEUTE     Nr. 147   10. Oktober 1951
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