Die Wandlung der Garbo
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JAMES LONDON (II): Die Wandlung der Garbo Das war vor 26 Jahren. Im Sommer 25. Da leuchtet vor dem Versuchsstudio eines der einfallreichsten Filmphotographen der Metro Goldwyn, Arnold Ganther, seit Wochen das rote Warnschild: „AUFNAHME NICHT STÖREN!“ Die Eingeweihten munkelten: es ist eine junge Schwedin. Entdeckung von Louis B. Mayer. Also wieder mal was Außergewöhnliches. Dieses Vorschussprädikat hat man in den letzten fünf Jahren schon oft vernommen und nach den zahllosen Enttäuschungen jeden Glauben verloren. Filmdiven liegen nicht auf den Bürgersteigen. Dieses Mal aber ist etwas ganz Außergewöhnliches, noch nie Dagewesenes. Wirklich. |
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Die Göttliche lernt Englisch |
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Da erschüttert eine Krise die Filmwelt: der bisher stumme Film beginnt zu reden. Alle beschäftigt die aufregende Frage: Wer von den bisherigen Größen wird es mit der Stimme schaffen? Eines der ersten Opfer wird John Gilbert. Seine dünnen Fisteltöne reichen nicht aus. Und was wird aus der Garbo? Ihr Englisch ist fehlerhaft. So setzt sie sich hin und lernt die Sprache. Mit ihrer Ausdauer schafft sie es in einigen Monaten. Inzwischen dreht man Probeaufnahmen. Ergebnis: wundervoll. Ihre Stimme paßt vollends zu ihrer Persönlichkeit. Sie erhöht sogar die Faszination ihrer Erscheinung. Diese tiefe heisere Stimme mit dem sehr, sehr fernen schwedischen Akzent. Unter Jacques Feyders Regie spielt sie den ersten Tonfilm „Anna Christie“. Der Erfolg ist noch größer als bisher. Filme auf Filme erscheinen. „Yvonne“, „Romanze“, „Mata Hari“, „Menschen im Hotel“, „Wie du mich wünschst“. Es ist eine unaufhörliche Kette von Welterfolgen. Überall liebt man sie. Überall übertrifft sie alles, was sich auf der Leinwand bewegt. Der Volksmund nennt sie „Die Göttliche“. Ist es da ein Wunder, wenn sie sich in ihrer natürlichen Menschenscheu und ihrer Sehnsucht nach Ruhe und Ausspannung vor dem Trubel, den Störungen und Belästigungen verbirgt? |
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Inkognito um die Welt... |
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Plötzlich dringt eine seltsame Nachricht aus Hollywood: Greta Garbo will nicht mehr filmen. Die etwas kühle Aufnahme ihres letzten Films „Die Frau mit den zwei Gesichtern“ durch Presse und durch Publikum hat sie so niedergeschmettert, daß sie sich entschlossen hat, nie mehr aufzutreten. Man glaubt die Kunde nicht. Warum soll sie mitten in einem noch nie zuvor beobachteten Siegeszug wegen einer unwichtigen Schlappe ihre Karriere jäh beenden? Und dann stellt es sich heraus: es stimmt. Greta Garbo filmt nicht mehr. Zunächst bleibt sie in Hollywood. Schließt sich in ihrer Villa in Santa Monica ab. Nur ihre intimsten Freunde dürfen sie gelegentlich besuchen. Dann und wann taucht sie auf. Unterhält sich im kleinen Kreis. Möglichst nicht mit Filmfachleuten. Daheim liest sie. Eines Tages verkauft sie ihr Haus und zieht nach New York. Unter verschiedenen Namen und mit riesiger Sonnebrille und auffallendem Sombrero reist sie durch die Welt. Bald taucht wie im Hotel Hassler in Roma als Elsa Gustavson auf. Bald ist sie Mrs. Brown in Aix-les-Bains. fast immer befindet sie sich in Begleitung ihres Beraters George Schlee, des Gatten ihrer besten Freundin, der Modekünstlerin Valentina Schlee. Über ihr Privatleben schwirren allerlei Gerüchte. Einmal soll sie mit einem ihrer Regisseure, Rouben Mamoulian, verheiratet sein. Dann wird wieder als ihr Ehemann der Philharmonie-Dirigent Leopold Stokowski genannt. Man sieht sie mit ihm in den Bergen, auf dem Wasser und auf einsamen Landsitzen. Gleich darauf will man wissen, sie habe sich mit dem berühmten Hollywood-Diätarzt Gaylord Hauser verlobt, nach dessen Gemüsekurvorschriften sie jahrelang lebe und gedeihe. Aber schon nennt die Presse als ihren Gatten den schwedischen Schriftsteller und Millionär Wilhelm Sörensen, um kurze Zeit später zu verkünden, daß sie soeben mit Erich Maria Remarque den Weg zum Traualtar beschritten habe. Und nun lenkt, die 46jährige „Privatiere“ Greta Garbo erneut die Aufmerksamkeit der Welt auf sich: nach zehnjähriger Ruhepause habe sie den Plan gefaßt, wieder zu filmen. Im Nu überstürzen sich die Meldungen über ihre Absichten. Erst ist es ein Balzac-Film. dann wird es ein Sarah-Bernard-Schauspiel. Gleich wieder ist es ein Manuskript, das ihr der amerikanische Reporter John Gunther schreibt. Jetzt spricht man davon, daß sie das Leben des Dichters Homer verfilmen will. Eins steht fest: einen geeigneten Stoff hat sie noch immer nicht gefunden. |
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Stummfilm oder Tonfilm: Greta Garbo blieb 25 Jahre Weltstar Nr. 1 |
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Im nächsten Heft: Greta Garbo – privat |
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from: HEUTE Nr. 147 10. Oktober 1951
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