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Würden Sie mit dieser Frau einen Film drehen wollen? Arnold Genthes' Porträt-Serie überzeugte trotz allem die MGM nicht sofort.
BILD: ARNOLD GENTHES

 

Sanfte Überblendung

Ein Gesicht für die Kamera:
Zum hundertsten Geburtstag der Göttlichen, Greta Garbo

VON DANIEL KOTHENSCHULTE

„Da geht man ins Kino, um die Garbo zu sehen, doch in welchem Unsinn muss man sie ertragen?“ Als der Filmkritiker Siegfried Kracauer diese Zeilen schrieb, hatte er immerhin gerade Mata Hari gesehen. Gewiss kein Meisterwerk, aber immerhin ein gut gemachtes Stück Hollywood, das die Zeit schadlos überdauern sollte. Andererseits betrachtet: würden wir dieses Spionage-Melodram wirklich noch kennen, wenn nicht ihr Name die Besetzungsliste schmückte?
     Wie viele Stars hat es gegeben, die in den unterschiedlichsten Rollen auftreten konnten, und doch am Ende nur in einem einzigen Genre spielten? Einem Genre, dessen Bezeichnung sich schlicht und einfach aus dem Namen des jeweiligen Stars und der Endung„-film" bilden lässt? Jeder „Unsinn“ in dem Greta Garbo spielte – und in den immerhin 18 Jahren ihrer mit 36 Jahren beendeten Karriere gab es ihn durchaus – ist ein „Greta-Garbo-Film“. Wer das Phänomen „Garbo“ heute begreifen will, muss schon zu ihren frühen Stummfilmen zurückgehen. Hier ist sie nicht die noble Regentin „Königin Christine“ oder die zögerlich auftauende russische Kommunistin „Ninotschka“. In den meisten dieser Filme spielt sie die ruchlose „Woman of Affairs“ die ihre Schönheit hemmungslos ausspielt, um Männer in die Unterwerfung zu zwingen. Und dann wird man Zeuge, wie der ganze Apparat eines Hollywoodstudios aufgeboten wird, es ihnen gleich zu tun und sich dieser Göttlichen, der Divine Woman (so ein Filmtitel) zu Füßen zu werfen.

Das erste Mediengesicht

     Greta Garbo war neben Rudolph Valentino, als dessen weibliches Gegenstück sie zunächst aufgebaut wurde, das erste Mediengesicht. Erst die Kamera brachte das Phänomen wirklich zum Ausdruck, so dass es erst der Photographie bedurfte – einer berühmten Bildserie Arnold Genthes, aus der unsere Abbildung stammt –, um das MGM-Studio zu einem Versuch mit ihr zu bewegen. In der Photographiegeschichte des 20. Jahrhunderts ist der Corpus der Garbo-Porträts nicht zu überschätzen. Blättert man in der Chronologie der Arbeiten der MGM-Angestellten Ruth Harriet Louise und Clarence Sinclair Bull, wird man Zeuge einer einzigartigen Erweckungsgeschichte. Wie diese strenge, skulpturale Schönheit erst durch den Ausdruck von Wärme, Natürlichkeit und Selbstbewusstsein zu Leben beginnt – man kann in diesem Gesicht lesen wie in einem Buch; eine Gelegenheit dazu gibt der im Henschelverlag erschienene Querschnitt durch den photographischen Nachlass Greta Garbo. Das private Album. Autoren verstummten angesichts dieser Schönheit – oder sie schrieben blanken Unsinn wie jener Autor eines deutschen Bildbands aus dem Jahr 1937, der zwei Seiten lang 1001 Nacht und das Hohe Lied Salomo zitiert, um zu dem Schluss zu kommen: „Natürlichkeit ist natürlich, das ist alles. Schönheit aber ist eine Gnade, die von oben her über ein Wesen ausgegossen ist.“
     Die überraschendste Wendung ihrer Karriere ist nicht der Übergang zum Tonfilm, das späte Faible für die Komödie oder der Abschied aus der Filmwelt, der ihr schwergefallen sein muss. Es ist jener Moment Mitte der 30er Jahre, in dem Greta Garbo plötzlich nicht mehr die schönste, sondern die beste melodramatische Schauspielerin bei MGM ist. Die Chronologie ihrer Filme ist wie eine sanfte Überblendung. Heute wäre die Unsterbliche 100 Jahre alt geworden.

 

from:   Frankfurter Rundschau     17. September 2005
© Copyright by   Frankfurter Rundschau

 

 

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