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—— Vor 100 Jahren wurde Greta Garbo in Stockholm geboren ——

Menschenscheue Schwedin
als Kino-Göttin

     In ihren ersten Lebensjahren in Stockholm war sie zeitweise mit sechs anderen Familienmitgliedern in ein Zimmer gepfercht, es fehlte an allem; die letzten Jahrzehnte ihres Lebens lebte sie allein in einer ihrer zahlreichen Immobilien, einer Sieben-Zimmer-Wohnung in New York, an den Wänden hingen Renoirs und Jawlenskys zu Dutzenden. Dazwischen lag die Verwandlung der diesen Sonntag vor 100 Jahren geborenen Straßenkehrerstochter Greta Lovisa Gustafsson zum Mythos Greta Garbo und – mit kaum 37 Jahren – die Abdankung vom Thron Hollywoods und das freiwillige Exil in der Anonymität Manhattans. Dort starb sie am 15. April 1990.
     Bereits als Teenager wollte Greta zur Bühne und zum Film – trotz ihrer extremen Schüchternheit, die sie später durchaus gelegentlich mit Alkohol betäubte, die sie aber nie los wurde; im Gegensatz zum Babyspeck, diesen bekämpfte sie mit Fastenkuren, langen Spaziergängen und regelrechten Bade- und Duschorgien. Bis ins hohe Alter liebte sie Wasser und Wanderungen, ob in der Schweizer Bergwelt oder in den Schluchten New Yorks.
     Schon ihr Entdecker hatte sie beim ersten Zusammentreffen dazu gedrängt, zehn Kilo abzunehmen. Mauritz Stiller, hochgerühmter Regisseur von Stummfilmdramen, erkannte die Starqualitäten der über 20 Jahre Jüngeren, deren Werbeaufnahmen (für Hüte und Autos) gezeigt hatten, dass die Kamera ihr Gesicht liebte, obwohl der später typische abwesende Blick unter den schweren Augenlidern noch nicht zu sehen war.
     Stiller gab ihr 1923 eine Rolle in „Gösta Berling“ nach Selma Lagerlöf. Die Geschichte vom Landpfarrer, der dem Schnaps und den Frauen verfällt, stieß in Schweden eher auf mäßiges Interesse, war aber ein Hit in Deutschland und machte dort den Namen Greta Garbo sofort bekannt. Kurz zuvor hatte Fräulein Gustafson sich den Namen Garbo erwählt und ihn ordnungsgemäß beim Standesamt eintragen lassen. Der Erfolg von „Gösta Berling“ ebnete den Weg des Paares Stiller/Garbo nach Hollywood; mit einem Umweg über Berlin, damals Filmhauptstadt Europas. Nachdem ein Projekt geplatzt war, lieh der klamme Lebemann Stiller seinen Schützling an den Regisseur G.W. Pabst aus, der gerade das ebenso expressionistische wie depressive Drama „Die freudlose Gasse“ drehte. Dort lernte Greta eine andere junge Schauspielerin kennen, deren Aufstieg zum Star und deren Privatleben verblüffend ähnlich verlaufen sollten: Marlene Dietrich. Dass die beiden voneinander angetan waren, blieb nicht verborgen. Überliefert ist das Zitat eines frustrierten Verehrers: „Der einzige Deutsche, den die Garbo in ihr Bett lässt, heißt Dietrich.“

 

Zeit-Fächer

 

     Stiller, der selbst – wie viele der späteren engen Bekannten der Garbo („Wir sind nur gute Freunde“) – eher dem eigenen Geschlecht zugetan war, nahm die erotischen Erkundungen seiner Entdeckung gelassen. Eher traf es ihn, dass die Garbo schon wenige Monate nach der Ankunft in Hollywood sich nicht mehr groß um ihn kümmerte, als sich herausstellte, dass ein Mann wie Stiller für MGM entbehrlich war.

 

Die Garbo lacht: Ernst Lubitschs „Ninotschka“
(mit Melvyn Douglas als Graf Leon d'Algout)
war der Versuch eines Wechsels ins Komödien-
fach, nach dessen Scheitern sich der Star ins
Privatleben zurückzog.

 

     Nicht aber das Gesicht der Garbo. Wie in Berlin sind die Fachleute hinter der Kamera begeis tert von den verhangenen, ausdruckslosen Augen und den weiten Ebenen von Stirn und Wangen, einer idealen Projektionsfläche für die Fantasie der Kinobesucher. Der Zauber funktioniert besonders bei Close-ups, den extremen Nahaufnahmen. Anders als befürchtet, hält die Magie auch an, als der Film zu sprechen beginnt. Der dunkle Alt der Garbo passt gut zu den Passionsdramen, die ihr auf den erschlankten, androgynen Leib geschrieben werden: „Kameliendame“, „Anna Karenina“, „Maria Walewska“, „Mata Hari“ – lauter stolze Leidende. Signifikanter Höhepunkt ihrer Wirkung auf der Leinwand ist die Schlussszene in „Königin Christine“ (1933), wenn sie in Männerkluft am Schiffsruder in die Ferne schaut: ein Gesicht wie ein frisches Grab, auf das jeder Zuschauer seine eigenen Blumen legen konnte.
     Der Mann, um den sie in diesem Kostümfilm trauerte, wurde gespielt von Hollywood-Beau John Gilbert. Den ließ sie privat zwar in ihr Bett, doch seinen Heiratsanträgen entzog sie sich immer wieder, einmal wurde er sogar vor dem Friedensrichter und geöffneter Traubibel sitzen gelassen. Die Braut erschien einfach nicht.
     Im Deutschland der Nazis waren Gretas Filme solche Kassenknüller, dass Goebbels versuchte, die nordische Göttin heim ins Reich zu locken. Als das nicht gelang, musste ein Garbo-Klon für die Ufa gesucht werden. Fündig wurde man in Schweden, die Pik-Dame hieß Zarah Leander und litt sich bis zum bitteren Ende ins Herz der Deutschen.
     Doch in den USA hatte das Publikum es allmählich satt, sich an Trauer zu weiden. Garbo-Filme wollte man ebenso wenig mehr sehen, wie die Streifen ihrer großen Konkurrentinnen Marlene Dietrich und Katherine Hepburn, die ebenfalls im Männerkleid Frauenleid zu ertragen hatten. Ein radikaler Image-Wechsel („Die Garbo lacht“) misslang und die scheue Göttin zog sich ins Nirwana der Anonymität zurück.
     Mit den Comeback-Angeboten hielt sie es wie mit Heiratsanträgen. Sie zeigte Interesse, sagte aber immer ab, wenn es ernst wurde. Vielleicht gut so – für Fräulein Gustafson und für Greta Garbo.

Otto Gerhard Gramer
Frauenleid: Mit ihrem abwesenden Blick unter
schweren Augenlidern war Greta Garbo in der
späten Stummfilmära und Anfang der 30-er Jahre
der Superstar in Melodramen mit hart geprüften
Damen – hier als Maria Walewska.
Fotos: dpa

 

from:   BRUCHSALER RUNDSCHAU     17./18. September 2005
© Copyright by   BRUCHSALER RUNDSCHAU

 

 

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