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Greta Garbo
– zwischen gestern und morgen

Wenn man auch – an   f e r t i g e n   F i l m e n   – von Greta Garbo fast genau so wenig sieht, wie man – an   f e r t i g e n   T a t s a c h e n   – von ihr hört, so erfährt man, dann und wann, doch immer wieder erfahrenswerte Einzelheiten aus der Vergangenheit – und aus der Zukunft. Die Greta Garbo von heute ist uninteressant (weil man nichts von ihr weiß), die Greta von gestern – und die Greta von morgen aber wandert durch die Zeitungen, und nicht zum mindesten durch die amerikanischen. Da hat, was bekannt ist, ein gewisser Leonhard Clairmont (ich glaube, so hieß er) vor einiger Zeit angekündigt, er wolle einen Film über Gretas Aufstieg drehen. Wie weit dieser Film zur Zeit gediehen ist, weiß ich nicht, aber in einer amerikanischen Zeitschrift plaudert dieser selbe Clairmont letzthin über seine Arbeit an dem Kurzfilm – und über Gretas Zukunftsabsichten, soweit von diesen etwas bekannt geworden ist. Und da die Zukunft immer das Schönere ist, sei von ihr auch hier zuerst gesprochen.
     Wenn es wahr ist, was Clairmont berichtet, so hat Greta Garbo in Schweden gleich zwei Grund-stücke gekauft, eins mit, ein ohne Haus, – eins in, eins bei Stockholm. Es sieht ganz so aus, meint der Erzähler, als ob die Schwedin sich jetzt endgültig darauf vorbereitet, in die Heimat zurückzukehren, denn ihr Bruder Sven befasse sich schon jetzt damit, auf allerlei Auktionen Ölgemälde zusammenzukaufen, die einst das Heim der pensionierten Filmkünstlerin zu schmücken bestimmt seien...
     Wie sieht es nun mit diesen beiden Grundstücken aus? Das Stadtgrundstück ist selbstredend bebaut, es liegt nicht weit von der Blekingestraße Nr. 32, wo Greta geboren wurde und als „Keta“ ihre Jugend verlebte. Hier steht, in der Stadt, einstweilen noch ein kleines Bauernhaus, das aber abgerissen werden wird. Es soll eine richtiggehende herrschaftliche Villa hingesetzt werden, aus großen Wohn- und Gesellschaftszimmern bestehend, – und etwas abseits soll für das Hausgesinde ein besonderes Häuschen entstehen, weil Greta in Hollywood mit dem schwedischen Dienstpersonal „unter einem gemeinsamen Dach“ zuviel Ärger gehabt hat. Dieses neue Stadthaus wird von Sven Thoresen entworfen, einem Architekten, der sich schon in Stockholmer Grobauten ausgezeichnet hat. Thoresen war selbst in Hollywood und hat dort mit seiner berühmten Landsmännin alle Einzelheiten beraten. Selbstredend will man wissen, wie das Haus innen aussehen wird. Auch darüber liegen schon Mitteilungen vor. Das Speisezimmer wird in dunkelgebeiztem Holz gehalten sein (austernfarbig, sagt man), die Möbel im Chippendalestil. Auf einer amerikanischen Jacht hat Greta so einen Speisesalon gesehen, und das hat ihr sehr gefallen. Der Boden soll mit persischen Brücken belegt werden, von denen ihr ein indischer Fürst (wird erzählt) bereits einige geschenkt hat. Das Schlafzimmer soll nach dem Muster des in Hollywood bewohnten ausgestaltet werden, also große Spiegel, ein breites Bett und viele Vorhänge an Fenstern und Türen erhalten. Überall aber werden im Schlafzimmer Schmetterlinge als dekoratives Motiv Verwendung finden, weil die Schwedin derartige Verzierungen liebt. Neben dem Schlafzimmer ist ein Gymnastikraum vorgesehen, der auch Duschvorrichtungen aufweist: Greta liegt kalte Duschen – wenigstens in der Gymnastik – über alle Maßen.

 

GRETA GARBO
in „K ö n i g i n   C h r i s t i n e“

Phot.: Metro-Goldwyn

 

     Das Arbeitszimmer bekommt vor allem die vielen Ölbilder, die Bruder Sven jetzt zusammenauktioniert, und dann Oberlicht, das aber mit einem Glass ausgelegt wird, „durch das man nicht hindurchsehen kann“. Sechs große Armstühle, mit türkisblauem Leder bezogen, gruppieren sich um einen Mitteltisch. Überraschend nach Gretas bisher zurückgezogenem Leben ist, daß viele Fremdenzimmer – und eine Bar – vorgesehen sind. Mit der Bar wird wohl dem schwedischen Klima Rechnung getragen werden... Die Küche kommt in das Souterrain, die Hausangestellten, wie schon gesagt, in ein besonderes Häuschen, das abseits von der Villa liegen wird. Da das bisher erworbene Stadtgrundstück zu klein ist, um diese Baulichkeiten unterzubringen und gleichzeitig einen nennenswerten Garten anzulegen, soll auch das Nachbargrundstück erworben werden, das einstmals, vor hundertfünfzig Jahren, einem schwedischen König, Gustaf III., gehörte... Schon daraus kann man, ohne die Örtlichkeit zu kennen, entnehmen, daß Gretas Stadtpalast auf einem bevorzugten Gelände erbaut werden wird, und tatsächlich ist es erhöht gelegen und befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Wassers.
     Soviel also über das Stockholmer Anwesen. Ganz anders geartet soll das Landgrundstück sein, das sich eine Wegstunde von Stockholm befindet und gleichfalls vom Bruder Sven gekauft wurde. Der nächste Ort heißt Dyvik, das Gelände selbst ist bis jetzt noch von keiner Straße aus zu erreichen, so daß für unbedingte Einsamkeit Sorge getragen ist. Dieses Dyvik liegt auf einer Landzunge, die weit ins Meer hinausgeht, und umfaßt 45 englische Quadratmeilen an Land und ebensoviel Quadratmeilen an Wasserbesitz. Die Bucht selbst hat eine Länge von 2 Meilen und ringsumher wilde, unzugängliche Ufer. Da der Fischreichtum dieses Strichs bekannt ist und Greta als leidenschaftliche Anglerin gilt, wird es an selbstloser Beschäftigung kaum fehlen. Übrigens hat Greta Garbo in Dyvik wieder königliche Nachbarschaft: auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht von Tullgarn befindet sich der Sommersitz des schwedischen Königs, und Clairmont berichtet, daß man von einem Wohnsitz zum anderen mit dem Taschentuch hinüberwinken könne...
     Das Wohnhaus auf diesem Einöd-Sitz soll dich an das Wasser gesetzt werden, wohinzu noch kommt, daß Greta sich wahrscheinlich einen eigenen Hafen anlegen wird, um, von Fall zu Fall, die Stadtwohnung auch auf dem Wasserwege zu erreichen. Dieser soll, wenn die Schwedin ihr eigenes Rennboot ankurbelt, sogar weniger Zeit in Anspruch nehmen als der Landweg.
     Soviel über Greta Garbo   v o n   m o r g e n   – wenn sich bis dahin nicht wieder alles ändert und die Ölbilder doch noch, worauf man immer gefaßt sein darf, einem anderen Zweck zugeführt werden. Aber Clairmont plaudert auch über die Vergangenheit, über   G r e t a s   G e s t e r n,   zum Beispiel wenn er berichtet, daß er in der Geburtsstraße der Garbo einen steinalten Mann von siebenundsiebzig Lebenslenzen angetroffen habe. Der Alte war erst sehr verschlossen, aber bei einem Glase Bier taute er auf (die Bar in Gretas Heim ist also sehr bedachterweise vorgesehen). Bei diesem Glase Bier erzählte nun der greise Stockholmer, daß Greta Lovisa Gustafsson schon als Kind sehr zurückhalten gewesen sei: sie habe nie mit den Kindern der Nachbarschaft gespielt, sondern sei immer ein paar Straßen weiter gelaufen, um dort, wo sie weniger bekannt gewesen sei, Anschluß zu suchen. „Sie hat sich also nicht sehr geändert“, meint Clairmont. Die meisten anderen Geschichten sind ja bekannt, – so ihre ersten Beschäftigungen als Seifenmädel beim Bartscherer und als sehr tüchtige Verkäuferin im Kaufhaus von Bergström. Sie hatte offenbar alles Zeug dazu, eine gute Direktrice zu werden. Aber da kam plötzlich eine närrische Schwärmerei für einen dänischen Schauspieler dazwischen für Carl Brisson, und nun war's mit der bürgerlichen Andacht aus. Das hat der Onkel Gretas erzählt, der Taxichauffeur David Gustafsson, der noch heute seine eigene Taxe durch das Stockholmer Weltstadtgewühl steuert. Onkel David hatte immer etwas Geld, die verwitwete Mutter Gustafsson hatte keins, und wenn mal Not an Mann war bei den beiden Mädels, bei Greta und der Schwester Alva, dann musste Onkel David immer einspringen. Er weiß also Bescheid, wie alles kam. Und die Greta hatte, wie gesagt, einen Narren in Brisson gefressen und wartete nun abends, wenn's sich machen ließ, Stunden um Stunden vor dem Bühnenausgang des Moseback-Theaters, um einen Blick von Brisson zu erhaschen. Sie sammelte alle erreichbaren Bilder dieses Schauspielers und legte sie bisweilen gebündelt unter ihr Kopfkissen um nachts drauf zu schlafen. kein Mann in der ganzen Welt hätte es in dieser Zeit mit dem athletischen, blondhaarigen, gutaussehenden Dänen bei Greta aufnehmen können...
     Also auch Greta Garbo blieb von dieser Schwärmerei nicht verschon, – aber die Greta von gestern, die in einem anderen Stadtteil mit fremden Kindern spielen ging und dann für Brisson schwärmte, hat später, wie es heißt, den Schwarm gar nicht sonderlich ausgezeichnet, als dieser über London den üblichen Filmweg nach Hollywood fand. Zwischen jenen Stockholmer Schwarmtagen und den Tagen der Hollywooder Prominenz lagen ganze zehn Jahre des Aufstiegs... Und von diesen Tagen der Prominenz wissen wir nichts. Unser Wissen setzt erst wieder bei Gretas Morgen ein, bei den schwedischen Bauplänen, die der Architekt Svend Thoresen besorgt, wenn nicht alles das noch einmal umgestoßen werden sollte.

– net.

 

from:   Filmwoche     Nr. 27    1934
© Copyright by   Filmwoche

 

 

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